Freitag, 8. Oktober 2010

Mit Eleganz schreibt Ertugrul Özkök über das Thema "Muslime in Deutschland"

Mit welcher Leichtigkeit und Eleganz schreibt Ertugrul Özkök in dem Artikel  „Allah schütze Deutschland“, über ein Thema, das die Mehrheit der Deutschen zwischen schwarz und weiß spaltet!

Es fehlt in Deutschland ein Journalist, der über  das Thema Islam und Christentum und alle Werte  die  dazu gehören, schreibt und in die Diskussion bringt - aber ohne dass die Pro- und Contra-Gruppen sich zerfleischen.


„Allah schütze Deutschland“

"Ich hatte Ihnen bereits erzählt, dass ich Moslem bin, während des Ramadan nicht faste, nicht fünfmal am Tag bete, aber dafür Wein trinke. Trotzdem bin ich ein guter Moslem. Ich glaube an Allah.

Am Jahrestag der Wiedervereinigung, als die Nachrichtenagenturen die Rede des deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff verbreiteten, stand ich in einer winzigen Kirche in Harput, einer Kleinstadt im Osten Anatoliens.

Die Gemeinde dieser kleinen, in die Felsen eingehauenen assyrischen Kirche hat nur noch fünf Mitglieder. Bis 1915 lebten im beschaulichen Harput Türken, Armenier und Assyrer zusammen. Die tragischen Ereignisse von 1915 löschten diese Kleinstadt aus. Fast alle Armenier verloren ihr Leben oder mussten ihren Geburtsort verlassen. Auch die Assyrer gingen.

Die Türken blieben zurück.

Doch die Farbenvielfalt, all das Schöne, das das Zusammenleben mit sich brachte, hatten diesen wunderbaren Ort verlassen.

Ich saß also in der Kirche und las auf meinem Blackberry die Rede von Präsident Wulff. Wissen Sie, was ich in diesem Moment dachte?

Wäre doch 1915 das Oberhaupt des Osmanischen Reiches mit solch einer Rede hervorgetreten ... Hätten doch die Armenier und Assyrer dieses Landes an deren Aufrichtigkeit geglaubt. Hätten doch die griechisch-stämmigen Bürger der Türkei nach dem Ersten Weltkrieg das Land nicht verlassen müssen ... Ich wünschte, das alles wäre nicht passiert.

Als Bürger eines zu 99 Prozent muslimischen Landes bewundere ich, dass drei Millionen Muslime in Ihrem Land leben. Dass viele Menschen aus anderen Ländern Deutschland als Heimat betrachten. Ich bewundere Ihre Multikulturalität. Hätte doch, denke ich, die Türkei unter ihren 70 Millionen Einwohnern auch 3 – 4 Millionen Christen.

Der französische Soziologe Edgar Morin sagt: „Echte Zivilisationen gehen aus kosmopolitischen Gesellschaften hervor.“

Bei den alten Griechen galt die Kunst der Rhetorik als das wirkungsvollste Instrument der Politik. Nun macht Bundespräsident Wulff diese Kunst zum menschlichsten und wirkungsvollsten Instrument dafür, eine Gemeinschaft entstehen zu lassen. Ich sage, ebenso wie Bundespräsident Wulff, es ist wichtig, woher wir kommen. Doch wirklich wichtig ist, wohin wir gehen.

Bundeskanzler Kohl vereinte am 3. Oktober 1990 die beiden deutschen Staaten. Bundespräsident Wulff schickt sich nun an, alle Farben Deutschlands zu vereinen. Er beendete seine Rede mit dem Satz „Gott schütze Deutschland“. Seien Sie versichert: Alle Türken, die Deutschland als ihre Heimat sehen, rufen: „Allah schütze Deutschland.“

Denn ist es nicht letztendlich der gleiche Gott, an den wir alle glauben?

Nun zum eigentlichen Thema des Tages. Ich hatte ja gesagt, ich sei ein guter Moslem. Doch eines hatte ich vergessen zu erwähnen: Ich bin auch ein guter Türke und kein deutscher Staatsbürger. Deshalb wünsche ich mir, dass die Türkei beim heutigen Fußballspiel gegen Deutschland gewinnt.

Gott schütze Deutschland bei diesem Spiel. Und Allah schütze die türkische Nationalmannschaft vor den Deutschen. Da beide Religionen an denselben Gott glauben und Gott gerecht ist: Möge die bessere Mannschaft gewinnen!"

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