Donnerstag, 28. Juli 2011

Brasilien: Das Land der neuen Weltmarktführer

Handelsblatt


Ausländische Konsumgüter faszinieren die Brasilianer längst nicht mehr so wie in früheren Zeiten. Das bekommen auch die internationalen Bierkonzerne schmerzlich zu spüren. Der brasilianische Marktführer Ambev etwa baut seinen Vorsprung gegenüber westlichen Konkurrenten wie Heineken, SAB Miller oder Carlsberg immer weiter aus.

Außerdem greifen die Brasilianer ihre Wettbewerber auch auf deren Heimatmärkten an. So fusionierte Ambev schon im Jahr 2004 mit dem belgischen Konzern Interbrew zum europäischen Marktführer InBev - an der Führungsspitze gaben fortan nicht mehr die Belgier, sondern die Brasilianer den Ton an. Als InBev dann vor drei Jahren auch noch den US-Marktführer Anheuser-Busch übernahm, wiederholte sich das Spiel. Neun der 13 Direktoren bei Anheuser-Busch kommen von Ambev aus Brasilien.

Und Ambev ist kein Einzelfall. Getrieben vom stürmischen Wirtschaftswachstum sind in Brasilien in kurzer Zeit neue Weltmarktführer in der Konsumgüterindustrie entstanden: BR Foods beispielsweise ist der weltgrößte Hühnerfleischexporteur - und der Konzern unter den weltweit 50 größten Unternehmen der Konsumgüterindustrie, dessen Rendite am zweitschnellsten wächst, 2010 um 6,1 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr.

Den Nerv der aufstrebenden Mittelschicht zielsicher getroffen.

Das brasilianische Unternehmen JBS ist inzwischen der mit Abstand größte Fleischkonzern der Welt. Aggressiv kauft er Wettbewerber in den USA, Lateinamerika und Australien auf.

Der Konzern Hypermarcas hat sich in den letzten fünf Jahren auf Kunden aus der Mittelschicht konzentriert. Sowohl mit seinen Lebensmitteln als auch den Kosmetikangeboten trifft das Unternehmen den Geschmack der aufsteigenden brasilianischen Mittelschicht besser als alle anderen Konkurrenten. Das drückt sich auch in massiven Umsatzzuwächsen aus. Die Investmentbank HSBC traut Hypermarca in den kommenden drei Jahren Umsatzzuwächse von mehr als 50 Prozent zu. Der brasilianische Kosmetikhersteller Natura hat bei seinem US-Konkurrenten Avon studiert, wie man einen Direktvertrieb von Produkten organisiert. Und dieses Studium hat sich ausgezahlt. Inzwischen erzielt Natura allein in Brasilien einen ähnlich hohen Gewinn wie Avon in der ganzen Welt.

Diese Entwicklung trübt die Geschäftsaussichten von westlichen Unternehmen wie Nestlé, Procter & Gamble, Unilever und Colgate in Brasilien: "Zwar werden die ausländischen Konkurrenten auch weiterhin in Brasilien wachsen, aber sie haben jetzt mit einer neuen Garde lokaler Konkurrenten zu kämpfen", urteilen die Experten Francisco Chevez und Manisha Chaudhry von der Großbank HSBC.

Die Folgen des härteren Wettbewerbs werden die westlichen Konzerne schon bald noch schmerzlicher spüren. Denn für sie zählte Brasilien bislang zu den weltweit rentabelsten Märkten.abu

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