Ein faszinierendes Dokument - der offene Brief eines todkranken Veteranen des Irak-Krieges an die Kriegsverbrecher Bush und Cheney. Blair gehört auch noch dazu. Es sind Verbrecher, die an den Spitzen von Regierungen saßen, verantwortlich für tausendfachen Mord und zerstörte Länder.
Der Brief:
"Sehr geehrter Herr Bush, sehr geehrter Herr Cheney,
ich schreibe diesen Brief zum 10. Jahrestag des Irakkrieges im Namen
meiner Kameraden, der Irakkriegs-Veteranen. Ich schreibe diesen Briefe
im Namen der 4488 Soldaten und Marines, die in Irak ihr Leben ließen.
Ich schreibe diesen Brief im Namen der Hunderttausenden von Veteranen,
die verwundet wurden, im Namen derer, deren körperliche und seelische
Wunden ihr Leben zerstörten.
Ich bin einer dieser Schwerverwundeten. Im Jahr 2004 wurde ich in Sadr
City bei einem Angriff der Aufständischen aus dem Hinterhalt verwundet
und paralysiert. Mein Leben nähert sich dem Ende. Ich bekomme
Sterbebegleitung.
Ich schreibe diesen Brief im Namen von Männern und Frauen, die ihre
Ehepartnerinnen und Ehepartner verloren haben, von Kindern, die ein
Elternteil, und von Vätern und Müttern, die ihre Söhne und Töchter
verloren haben, und im Namen all derer, die die vielen tausend
hirnverletzten Kriegsveteranen pflegen.
Ich schreibe im Namen der Veteranen, die durch das, was sie in Irak
erlebten, ertrugen und taten, traumatisiert wurden, Abscheu vor sich
selbst empfanden und Selbstmord begingen, und im Namen der aktiven
Soldaten und Marines, von denen im Durchschnitt einer pro Tag Selbstmord
begeht. Ich schreibe diesen Brief im Namen von mehr als einer Million
toten Irakern und von unzähligen irakischen Verwundeten.
Ich schreibe diesen Brief in unser aller Namen - im Namen des
menschlichen Trümmerhaufens, den Ihr Krieg hinterließ, im Namen all
derer, die in unendlichem Schmerz und nicht endender Trauer weiterleben.
Ich schreibe diesen Brief - meinen letzten Brief - an Sie, Herr Bush
und Herr Cheney. Ich schreibe nicht, weil ich glaube, dass Sie sich der
schrecklichen menschlichen und moralischen Konsequenzen Ihrer Lügen,
Manipulationen und ihres Durstes nach Reichtum und Macht bewusst sind.
Ich schreibe diesen Brief, weil ich vor meinem Tod klarstellen möchte,
dass wir - ich und Hunderttausende meiner Veteranenkameraden, zusammen
mit Millionen meiner Mitmenschen hierzulande und Hunderten von Millionen
in Irak und im Nahen Osten - sehr wohl wissen, wer Sie sind und was Sie
getan haben. Sie mögen sich der Justiz entziehen, aber in unseren Augen
haben Sie sich beide unvorstellbarer Kriegsverbrechen, der Plünderung
und des Mordes schuldig gemacht, einschließlich des Mordes an Tausenden
jungen Amerikanern - meinen Veteranenkameraden, die Sie ihrer Zukunft
beraubten.
Ihre Ämter, Ihr persönlicher Millionenreichtum, Ihre Berater für
Öffentlichkeitsarbeit, Ihre Privilegien und Ihre Macht können nicht über
die Hohlheit Ihres Charakters hinwegtäuschen. Sie haben uns nach Irak
geschickt, um zu kämpfen und zu sterben, nachdem Sie sich, Herr Cheney,
dem Kriegsdienst in Vietnam entzogen und Sie sich, Herr Bush, von Ihrer
Einheit in der Nationalgarde unentschuldigt entfernt hatten. Sie haben
Ihre Feigheit und Selbstsucht schon vor Jahrzehnten unter Beweis
gestellt. Sie waren nicht bereit, Ihr Leben für unser Land zu riskieren,
aber Sie haben Hunderttausende von jungen Männern und Frauen in einen
sinnlosen Krieg geschickt, um sich zu opfern, und es hat Sie nicht mehr
Gedanken gekostet, als wenn man Müll entsorgt.
Ich trat zwei Tage nach den Anschlägen vom 11. September in die Armee
ein. Ich trat ein, weil unser Land angegriffen worden war. Ich wollte
gegen jene zurückschlagen, die mehr als 3000 meiner Landsleute getötet
hatten. Ich bin nicht in die Armee gegangen, um nach Irak zu gehen, in
ein Land, das nichts mit den Anschlägen vom 11. September zu tun hatte,
ein Land das keine Bedrohung darstellte für seine Nachbarn, geschweige
denn für die USA.
Ich bin nicht in die Armee gegangen, um Iraker zu »befreien« oder
irgendwelche mythischen Anlagen für Massenvernichtungswaffen
stillzulegen; auch nicht, um in Bagdad oder sonstwo im Nahen Osten das
zu errichten, was Sie so zynisch als »Demokratie« bezeichnen. Ich bin
nicht in die Armee gegangen, um Irak beim Wiederaufbau zu helfen, von
dem Sie damals sagten, er könnte aus den irakischen Öleinnahmen
finanziert werden. Der Krieg hat die USA stattdessen drei Billionen
Dollar gekostet.
Vor allem bin ich nicht in die Armee gegangen, um in einem
Präventivkrieg zu kämpfen. Präventivkrieg ist, nach dem Völkerrecht,
illegal. Heute weiß ich, dass ich als Soldat in Irak Beihilfe geleistet
habe zu Ihrem Irrsinn und Ihren Verbrechen. Der Irakkrieg ist der
schwerste strategische Fehler in der Geschichte der USA. Er hat das
(bisherige) Kräfteverhältnis im Nahen Osten zerstört. Er hat eine
korrupte und brutale pro-iranische Regierung in Bagdad installiert, die
ihre Macht durch Folter, Todesschwadronen und Terror zementiert. Und er
hat Iran als dominierende regionale Kraft hinterlassen. Der Irakkrieg
war ein Fehlschlag in jeder Beziehung, moralisch, strategisch,
militärisch und wirtschaftlich. Und Sie waren es, Herr Bush und Herr
Cheney, die diesen Krieg begonnen haben. Sie sind diejenigen, die die
Konsequenzen tragen sollten.
Ich würde diesen Brief nicht schreiben, wenn ich in Afghanistan
verwundet worden wäre, im Kampf gegen jene, die die Anschläge am 11.
September ausführten. Wäre ich dort verwundet worden, ginge es mir wegen
meines körperlichen Verfalls und des nahenden Todes zwar auch schlecht,
aber ich hätte zumindest die beruhigende Gewissheit, dass meine
Verletzungen die Folgen meiner Entscheidung sind, das Land zu
verteidigen, das ich liebe.
Ich würde nicht im Bett liegen müssen, mein Körper vollgepumpt mit
Schmerzmitteln, mein Leben erlöschend, und mich damit beschäftigend,
dass Hunderttausende von Menschen, auch Kinder, auch ich, von Ihnen
geopfert wurden für nichts anderes als die Gier der Ölgesellschaften,
für Ihr Bündnis mit den Ölscheichs in Saudi-Arabien und für Ihre
geisteskranke Vorstellung von einem Weltreich.
Wie viele andere köperbehinderte Veteranen habe ich unter der
unzureichenden und oft inkompetenten Betreuung der Veteranenbehörde
gelitten. Wie viele andere köperbehinderte Veteranen habe ich erkennen
müssen, dass Sie - und wahrscheinlich auch alle anderen Politiker - sich
kein bisschen um unsere seelischen und körperlichen Verletzungen
scheren. Wir wurden benutzt. Wir wurden verraten. Und wir wurden
verlassen.
Sie, Herr Bush, geben vor, Christ zu sein. Aber ist Lügen nicht Sünde?
Ist Mord nicht Sünde? Sind Diebstahl und selbstsüchtige Ambitionen nicht
Sünde? Ich bin kein Christ. Aber ich glaube an christliche Ideale. Ich
glaube, dass das, was Sie den geringsten Ihrer Brüder antun, sich am
Ende selbst, Ihrer eigenen Seele, antun.
Mein Tag der Abrechnung ist nahe. Ihrer wird kommen. Ich hoffe, Sie
werden vor Gericht gestellt. Aber vor allem hoffe ich Ihretwillen, dass
Sie die moralische Kraft finden, sich dem zu stellen, was Sie mir und so
vielen anderen angetan haben, die es verdient hatten zu leben. Ich
hoffe, dass Sie, wenn Ihre Zeit auf Erden zu Ende geht, so wie meine
sich jetzt dem Ende zuneigt, die charakterliche Stärke finden, vor die
amerikanische und die Weltöffentlichkeit zu treten, vor allem vor das
irakische Volk und um Vergebung bitten.
Tomas Young. Übersetzung: Doris Pumphrey
http://www.neues-deutschland.de/artikel/816683.sie-sind-des-mordes-schuldig.html
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